Was ich heute übers Kündigen denke: Retrospektive

 

Ich habe meine ersten beiden Jobs jeweils nach 11 Monaten gekündigt und nach dem dritten direkt den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt. Natürlich habe ich nicht jedes Mal gekündigt, weil ich alles großartig fand, sondern weil ich etwas anderes wollte, überfordert war oder unglücklich war. Dennoch fiel es mir jedes Mal wieder schwer mich zu entscheiden zu gehen.

Weil ich aus meiner Coaching Community weiß, dass es vielen Frauen genauso geht, wie mir damals, will ich hier meine Retrospektive auf meine eigenen Kündigungsentscheidungen teilen – und natürlich was ich daraus gelernt habe. Meine Perspektive auf meine Kündigungsgründe hat sich mittlerweile nämlich ziemlich geändert. Vielleicht helfen meine Learnings auch dir, um deine berufliche Situation zu verändern, Dynamiken in deinem Job besser zu verstehen und so die für dich persönlich richtige Entscheidung für oder gegen eine Kündigung zu treffen.

Bevor es los geht, möchte ich aber nochmal anmerken, dass ich hier natürlich nur von meinen individuellen Erfahrungen berichte. Deine Erfahrung kann ganz anders aussehen und es gibt leider keinen Zaubertrick, wie man mit beruflichen Unklarheiten und herausfordernden Situationen im Job umgeht.

#1 Kündigungsgrund „schlechter“ Chef… oder einfach Kindheitstrauma?

Früher habe ich den Grund dafür, dass ich in einem Job unglücklich war immer sehr schnell auf die „schlimmen“ Vorgesetzten geschoben, die ich hatte. Rückwirkend betrachtet war der Grund, warum es bei der Zusammenarbeit manchmal geknirscht hat, sicherlich eher die Dynamik aus meinen persönlichen Unsicherheiten und den Themen, die meine Vorgesetzten mit sich selbst hatten. Meine Führungskräfte waren vielleicht nicht alle top, aber so schlimm, wie ich sie teilweise damals fand, waren sie größtenteils auch nicht.

Allerdings war mir das als frisch gebackene Uniabsolventin mit wenig Arbeitserfahrung damals nicht so schnell klar. Mein Gedankenkarussel hat sich zu diesem Zeitpunkt einfach ständig um die Frage gedreht, wer eigentlich „schuld“ daran ist, wie es läuft. „Liegt es an mir oder meinem Chef, dass ich mich in diesem Job nicht wohl fühle?“. Es war eine fiese Mischung aus Selbstzweifeln, Wut (auf mich und meinen Chef) und Schuldzuweisungen, mit der ich mich ständig im Kreis gedreht, habe ohne zu irgendeiner finalen Schlussfolgerung zu kommen. Mir war damals nicht klar, dass das schlicht und ergreifend die falsche Frage ist. Ich hatte die Dynamik in der ich mich befand einfach noch nicht verstanden und wusste nicht, was ich tun kann, um mich abzugrenzen und mich aus einer belastenden Arbeitssituation heraus zu manövrieren.

Heute ist mir klar, dass die Schwierigkeiten, die ich bei einigen meiner Jobs hatte, stark mit meinen eigenen Triggern und noch nicht überwundenen Verletzungen aus meiner Kindheit und Jugend zusammenhingen. Und nicht nur das! Ich würde sogar so weit gehen, dass ich mir damals unterbewusst Rollen mit Vorgesetzten ausgesucht habe, die genau diese Trigger bei mir auslösen und mich immer wieder aufs Neue durchleben ließen.

Ich bemerke in letzter Zeit immer öfter diese Parallelen zwischen Dating und Jobs: Wenn man ein bestimmtes Thema (insbesondere Selbstwertthematiken) aus der Vergangenheit noch nicht für sich aufgearbeitet hat, dann tendiert man dazu immer wieder dieselben schmerzhaften Erfahrungen zu durchleben. Vielleicht kennst du das von dir selbst oder von Freundinnen, die immer wieder in denselben toxischen Beziehungen landen? Genau so kann das meiner Meinung nach bei der Wahl des Arbeitsumfelds und der Vorgesetzten auch sein.

Learnings 1&2:

  1. Manche Themen werden dir immer und immer wieder um die Ohren fliegen, bis du lernst was dahintersteckt und dich weiterentwickelst.

  2. Führungskräfte sind auch nur Menschen. Am Ende des Tages entscheidest du, mit wem du arbeiten willst – und dafür trägst du selbst die Verantwortung. #OWNIT

Der Grund warum es mir teilweise so zugesetzt hat, mit bestimmten Personen und in bestimmten Umfeldern zu arbeiten, hängt rückblickend eher mit meinen eigenen Selbstzweifeln, der Unfähigkeit Grenzen zu setzen und einem Mangel an Eigenverantwortung zusammen. Nicht nur damit, dass Vorgesetzte „schlechte Führungskräfte“ gewesen wären. Sicherlich habe ich teilweise mit Menschen gearbeitet, die selbst sehr überfordert mit ihren Führungsaufgaben waren und die ich auch heute nicht als gute Führungskräfte einstufen würde. Aber am Ende des Tages habe ich mich ja auch selbst entschieden mit diesen Personen zu arbeiten und weiß, dass ich mit diesen Menschen heute ganz anders umgehen würde und die Zusammenarbeit dadurch unproblematischer für alle Beteiligten wäre. Einzig und allein, weil ich mich besser abgrenzen kann, selbstbewusster bin und genau weiß, was ich will.

Learning 3:

Wenn du große Selbstzweifel hast, ist es entscheidend für deinen weiteren beruflichen Erfolg, dass du dir zunächst ein sehr unterstützendes Arbeitsumfeld mit einer Top-Führungskraft suchst.

Alternativ kannst du den harten Weg gehen und dich mit genau den Menschen konfrontieren, die immer wieder deine Zweifel triggern. Das habe ich so gemacht und heute weiß ich: Es war härter als es hätte sein müssen! Das ist auch genau der Grund warum mein 1:1 Coaching OWN IT! entstanden ist! Um meinen Klientinnen diesen Pain zu ersparen und zu ihnen zu helfen schneller den für sie richtigen Weg zu finden.

#2 Der Glaube, dass im nächsten Job alles anders sein wird.

Wenn wir uns Punkt 1 ansehen, ist eigentlich klar, dass die Themen, die man innerlich mit sich selbst in einem Job hatte, auch im nächsten nicht wie durch ein Wunder verflogen sind. Diese Illusion hatte ich aber teilweise früher, weil mir gar nicht bewusst war, was eigentlich der Grund für die Dynamiken war, die mir das Leben schwer machten.

Dasselbe Phänomen kenne ich auch von den Frauen, die mit mir arbeiten. Sie kommen zu mir, nachdem sie bereits einmal den Job gewechselt haben und stellen dann fest: Das Gras ist dort auch nicht grüner! Oft bereuen sie ihre Entscheidung und verlieren den Glauben in die Möglichkeit, dass es doch noch einen wirklich gut passenden Arbeitgeber für sie geben könnte – einen Job, der Spaß macht und sich sinnvoll anfühlt.

Dabei ist das eigentliche Problem nicht, dass es nicht bessere Führungskräfte oder zu ihnen passendere Tätigkeiten für sie gibt. Die gibt es zu 100%! Das Problem besteht eher darin, dass sie sich nicht der unterliegenden Mechanismen bewusst sind, die mit ihnen selbst zusammenhängen. Und das ist schließlich genau der Punkt, an dem man am besten ansetzen kann, um die eigene Lage zu verändern: Nicht der Chef, nicht dein Außen, sondern du selbst!

Learning 4:

Der beste Ansatzpunkt, um etwas an deiner beruflichen Situation zu verändern bist du selbst!

Damit will ich nicht sagen, dass das richtige Umfeld nicht alles, auch dein innerstes, verändern können – das kann es definitiv. Aber wenn du nicht mal weißt, was du dazu brauchst, musst du schon verdammt viel Glück haben durch Zufall nach einem für dich eher toxischen Umfeld in einem unterstützenden Umfeld zu landen, in dem du gesehen wirst und wachsen kannst.

Das bringt mich auch zum nächsten Problem, das ich erst rückwirkend verstanden habe:

#3 Kündigen, um WEG zu kommen, statt zu überlegen, wo ich eigentlich HIN will.

Ein Fehler, den ich mehrmals gemacht habe, war zu kündigen, ohne mir mal genau Gedanken zu machen, wo ich eigentlich hinwill. Ich wollte einfach nur weg, wusste aber gar nicht, was ich brauche, um mich im nächsten Job wohler zu fühlen.

Versteh mich nicht falsch: Manchmal muss man wirklich einfach RAUS aus einem Job. Insbesondere dann, wenn man unterm Strich nur leidet. Deine psychische und körperliche Gesundheit sind es nicht wert zu bleiben und wir leben in Deutschland zum Glück in einem so privilegierten Sozialstaat, sodass wir normalerweise auch abgesichert sind, wenn wir mal keinen Job haben.

In so einer Situation war ich in der Vergangenheit bereits und wusste, ich muss die Reißleine ziehen! Und so habe ich einen meiner ersten Jobs gekündigt, ohne eine Alternative zu haben, weil es mir irgendwann richtig Angst gemacht hat in die Arbeit zu gehen und ich an einem Punkt war, an dem ich wusste: Alles ist besser als das!

Learning 4:

Wenn es dir in einem Job dauerhaft schlecht geht, musst du nicht bleiben. Es geht definitiv besser, leichter, einfacher!

Dennoch machen viele, wie auch ich damals, den Fehler nach so einer Situation direkt in den nächstbesten Job zu springen, der sich anbietet. Hauptsache weg eben! So war es bei mir auch. Aus dem Nichts kam eine neue Job Opportunity, die ich sofort annahm.

Rückwirkend betrachtet bin ich zwar unglaublich dankbar für diese Erfahrungen, muss aber gleichzeitig auch sagen, dass wieder eine harte Schule folgte und es, wirklich gut gewesen wäre, wenn ich mir bewusst Zeit genommen hätte, mir zu überlegen was ich mir eigentlich von einem Job wünsche und was ich brauche, um mich weiterzuentwickeln.

Learning 5:

Nutze jede Minute, die du hast, um zu reflektieren und über dich selbst zu lernen. Sobald dein SelbstBEWUSSTSEIN stärker wird und du innere Klarheit hast wird die Jobsuche viel einfacher und zielführender.

 

#4 Der Glaube, dass in der Selbstständigkeit die Schwierigkeiten, die ich früher hatte, keine Rolle mehr spielen werden.

Ich LIEBE es selbstständig zu sein und bin super zufrieden mit der Entscheidung meinen gut bezahlten HR Job an den Nagel gehängt zu haben! Aber auch hier kann ich sagen: Es ist an einigen Ecken und Enden anders als man es sich vorstellt. Eines meiner größten Learnings aus den letzten 1,5 Jahren Selbstständigkeit ist:

Learning 6

Die Dinge, mit denen ich vorher Schwierigkeiten hatte, sind durch die Selbstständigkeit nicht automatisch eliminiert.

Auch wenn ich mir ein Business aufbaue, in dem ich hauptsächlich meine Stärken lebe, heißt das nicht, dass ich nicht auch ab und zu mit Aufgaben konfrontiert bin, die mir schon früher Schwierigkeiten bereitet haben.

Genau wie vorher bin ich die Typo-Queen – nur, dass jetzt niemand sonst über meine Dokumente schaut, um mich zu korrigieren. Genau wie vorher prokrastiniere ich oft bei den Aufgaben, die ich ätzend finde – früher war es die Lohnbuchhaltung, jetzt meine eigene Buchhaltung. Genau wie vorher verliere ich mich manchmal in einer Aufgabe und merke erst 5 Minuten zu spät, dass mein nächster Call schon losgegangen ist – nur dass ich jetzt nicht mehr einen Kollegen warten lasse, sondern eine Kundin (man kann sich denken, was schlimmer ist).

Die Erwartung, dass durch das Kündigen meines Angestelltenverhältnisses alle Schwierigkeiten verschwinden, kann man also getrost vergessen. Natürlich ist es toll, dass man nur noch sich selbst Rechenschaft schuldig ist und einem keiner mehr sagt was man zu tun hat. Aber gleichzeitig hat man natürlich auch für alles die 100%-ige Verantwortung, kann sich nicht hinter einer Führungskraft verstecken, wenn man Mist baut und hat eben niemanden, der einem sagt, was man tun soll.

Somit ist die Tatsache, dass mir in der Selbstständigkeit niemand sagt, was ich zu tun habe gleichzeitig das Beste und das Schwierigste an dieser Form des Arbeitens.

Aus der Anstellung in die Selbstständigkeit flüchten, um damit Eigenverantwortung oder Konfrontationen zu vermeiden wird also nicht funktionieren. Das Gegenteil ist der Fall: Du musst alle Konflikte selbst austragen und hast niemandem mehr, hinter dem du dich verstecken oder dem du Schuld zuweisen kannst, wenn etwas schiefläuft. Radikale Eigenverantwortung ist etwas, dass du lernen musst, egal ob du angestellt bist oder selbstständig.

Learning 7:

Radikale Eigenverantwortung ist etwas, dass du lernen musst, egal ob du angestellt, oder selbstständig bist.

 

#5 „Schlechte Chefs“ sind in Wirklichkeit Arsch-Engel

Angst, körperliche Stresssymptome wie Migräne und Verspannungen, anstrengende Konflikte am Arbeitsplatz… all das hat sich zeitweise sehr belastend angefühlt. Aber dennoch bin ich dankbar, dass ich diese Erfahrungen gemacht habe. Dank dieser Erfahrungen habe ich zu jeder Situation meiner Coaching Klientinnen einen persönlichen Bezug und kann nachvollziehen wie es ihnen geht. Ich finde das Bild vom „Arsch-Engel“, also dem Engel der arschig rüberkommt aber rückwirkend betrachtet viel gutes gebracht hat, passt hier wunderbar.

Ich kann heute wirklich sagen, dass ich für jede berufliche Beziehung, die ich bisher hatte, dankbar bin – egal wie sehr ich bestimmte Personen damals verteufelt habe. Ich bin auf niemanden sauer. Im Gegenteil, ich bin sogar dankbar für die Learnings, die ich dank bestimmter herausfordernder Situationen mitnehmen konnte. Sie waren wie ein Kickstart für meine persönliche und berufliche Entwicklung. Und falls jemals einer / eine meiner ehemaligen Vorgesetzten diesen Artikel lesen sollte, will ich sagen: DANKE! Es ist okay und es musste so sein und ohne dich wäre ich heute nicht, wo ich bin.

Learning 8:

Schwierige Chefs können deine persönliche Entwicklung weiter pushen als du denkst, wenn du dich dadurch zwingst, Lösungen zu finden, die für doch persönlich funktionieren.

Ich habe in diesen Zeiten beispielsweise gelernt, mir eine Entspannungsroutine zu erschaffen, die mir hilft mit belastenden Situationen entspannter umzugehen. So habe ich zu Yoga, Meditation und anderen spirituellen Praktiken gefunden, die ich noch heute anwende und für mich wie ein Anker sind.

Learning 9:

Eine persönliche Entspannungsroutine hilft dir, bei dir zu bleiben, mit herausfordernden Situationen umzugehen und die richtige Entscheidung (z.B. für oder gegen eine Kündigung) zu treffen.

 

Fazit

Rückwirkend betrachtet haben sich viele Situationen im Job früher viel dramatischer angefühlt als sie waren. Das hing hauptsächlich mit meinen Selbstzweifeln zusammen und lag nicht nur an meinem beruflichen Umfeld! Was am Ende des Tages am meisten hilft, um zu entscheiden, ob du kündigen willst oder nicht ist, dir Methoden anzueignen, die dir helfen auf dein Gefühl zu hören und bei dir zu bleiben.

Wenn du dir Unterstützung bei der Entscheidung für oder gegen eine Kündigung wünschst, dann kannst du einfach jeder Zeit in meinen Career Assessment Call kommen. In diesem kostenfreien 30-minütigen Call analysieren wir gemeinsam deine aktuelle berufliche Situation und finden heraus welche Schritte du gehen kannst, um deine beruflichen Ziele zu erreichen!

 
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3 Eigenschaften, die dich in deiner Karriere wirklich weiterbringen (egal in welchem Job!)

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Zwei Faktoren, die beeinflussen, ob du kündigst!