Startkapital für deine Selbstständigkeit: So sicherst du dir den Existenzgründerzuschuss!

 

Aus der Arbeitslosigkeit heraus selbstständig machen oder gründen und dafür auch noch Geld von der Bundesagentur für Arbeit (BA) bekommen – klingt nach einem guten Deal, oder?

Viele wissen gar nicht, dass es diese Möglichkeit überhaupt gibt und es ist teilweise sehr mühsam sich die notwenigen Informationen online zusammen zu suchen. Insbesondere, wenn man das ganze am liebsten schon planen will, bevor man arbeitslos wird bzw. bevor man kündigt! Wenn du also, wie ich vor noch gar nicht so langer Zeit, deinen Job kündigen willst, um dich im Anschluss selbständig zu machen, dann solltest du unbedingt diesen Artikel lesen.

In diesem Artikel zeige ich dir

  1. Wie du in deinem Gründungszeitraum möglichst lange Geld von der BA bekommst

  2. Was du bei deinem Vorgehen und der Antragstellung beachten musst

…möchte ich darauf hinweisen, dass ich hier allein meine persönlichen Erfahrungen wiedergebe und keine Garantie für die rechtliche Richtigkeit der Inhalte gebe. Das heißt, du musst dich in jedem Fall selbst weiter einlesen und bei den entsprechenden Stellen (BA, Finanzamt, Krankenversicherung, Rentenversicherung etc.) informieren! Okay? Dann lass uns starten!

 

DAUER UND HÖHE

Den Gründungszuschuss von der BA erhältst du zunächst 6 Monate lang.

Die Höhe ist abhängig von der Höhe deines Arbeitslosengelds (ALG). Du kannst vorab die voraussichtliche Höhe deines ALG mit diesem Rechner ausrechnen.


MONATL. GRÜNDUNGSZUSCHUSS = HÖHE DES ZULETZT ERHALTENEN ARBEITSLOSENGELDS + 300 EURO.


Nach einem halben Jahr kannst du weitere 9 Monate lang 300 Euro erhalten. Dafür musst du nachweisen, dass du immer noch hauptberuflich selbstständig tätig bist. Außerdem muss es beim Antrag auf Verlängerung so aussehen, als ob du diesen Zuschuss weiterhin bräuchtest, du aber bereits Geld eingenommen hast. Es gibt hier keine fest vorgeschriebenen Grenzen, aber wenn du „zu viel“ oder gar kein Geld verdient hast, wirst du wahrscheinlich nicht als weiterhin förderbar eingestuft.

Beispiel für die Berechnung deines zu erwartenden Gründerzuschusses:

 

Du hast 2021 im Schnitt 3.500 Euro brutto monatlich verdient, bist in Steuerklasse 1 und hast keine Kinder.
—> Dein ALG Anspruch liegt bei ca. 1350 Euro monatlich.
—> Dein monatlicher Gründerzuschuss: 1350 Euro + 300 Euro =
1650 Euro

 
 

VORAUSSETZUNGEN

Vorweg: Nicht jeder hat Anspruch!

Bevor du dich auf den Zuschuss bewirbst, solltest du überprüfen, ob folgende Voraussetzungen auf dich zurtreffen:

  1. Du bist nicht in ein Angestelltenverhältnis vermittelbar.
    Offiziell ist es so, dass die Vermittlung in den Arbeitsmarkt Vorrang vor einer Gründungsförderung hat. Das heißt, wenn du bisher einen Job ausgeübt hast, in dem es momentan offene Stellen gibt, in die du vermittelt werden könntest, dann möchte die BA dich wieder zurück in ein solches Anstellungsverhältnis bringen.
    INSIDER TIPP: In der Realität hängt es eher davon ab, wie dein Vermittler bei der BA zu deinem Vorhaben steht. Ich kann aus Erfahrung sagen, dass ich (und viele die ich kenne) sehr gut vermittelbar gewesen wären. Wir haben den Zuschuss aber trotzdem bekommen!

  2. Du bist zum Zeitpunkt der Antragstellung arbeitslos gemeldet.
    Warum ist das wichtig? Angenommen, du weißt bereits, dass du in 2 Monaten den Arbeitslosenstatus haben wirst (z.B. weil du gekündigt wurdest) und du weißt, du willst dich dann direkt selbstständig machen... Dann musst du trotzdem warten bis du arbeitslos bist, bis du den Antrag stellst! Zuvor hast du auch noch keinen festen Ansprechpartner bei der BA, kannst dich also zwar in der Hotline erkundigen, wirst aber noch nicht wirklich individuell für dein Vorhaben betreut.

  3. Du hast zum Zeitpunkt der Antragstellung noch min. 150 Tage Anspruch auf Arbeitslosengeld.
    Du kannst den Antrag nur stellen, wenn du noch genügend Tage Anspruch auf ALG 1 hast. Wie viele Tage Anspruch du insgesamt hast, teilt die BA postalisch dir mit, sobald du dich arbeitslos gemeldet hast. Die Dauer des ALG Anspruchs richtet sich nach der Dauer deiner versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse. Normalerwiese hast du
    a.       nach 12 Monaten versicherungspflichtiger Arbeit einen Anspruch auf 6 Monate ALG

    b.       nach 16 Monaten versicherungspflichtiger Arbeit einen Anspruch auf 8 Monate ALG

    c.       nach 20 Monaten versicherungspflichtiger Arbeit einen Anspruch auf 10 Monate ALG

    Wie du siehst, wird es mit den 150 Tagen Anspruch, die du zum Zeitpunkt des Antrages noch haben musst im Fall a schon etwas knapp, denn 6 Monate haben nur ca. 180 Tage und du brauchst ein paar Wochen Zeit für die Vorbereitung aller Unterlagen für den Antrag.

  4. Du planst eine hauptberufliche Selbständigkeit: Du kannst keinen Gründerzuschuss bekommen, wenn die Selbstständigkeit nicht deine Haupttätigkeit sein wird, oder wenn du nebenbei andere zu hohe Einkünfte hast.

 

TIPP: so bekommst du möglichst lange geld.

Es gibt einen Trick, mit dem du möglichst lange Geld von der Agentur für Arbeit in Anspruch nehmen und gleichzeitig deine selbstständige Tätigkeit testen kannst, bevor du den Antrag für den Zuschuss gestellt hast - ohne dein Geld komplett an die BA abgeben zu müssen.

Du kannst dich, in der Zeit bevor du den Antrag einreichst, tageweise von der Arbeitslosigkeit abmelden und an diesen Tagen arbeiten und Geld einnehmen ohne direkt dauerhaft den Status der Arbeitslosigkeit zu verlieren.

So kannst du quasi so lange wie möglich arbeitslos bleiben und ALG beziehen, während du deine Selbstständigkeit testest und erst kurz vor der 150 Tage Grenze den Antrag stellen!

Das heißt, du kannst in dieser Zeit bereits der geplanten selbstständigen Tätigkeit nachgehen und an diesen Tagen so viel Geld verdienen, wie du willst. Du musst nur beachten, dass

  • du dich min. einen Tag vorher telefonisch oder per E-Mail bei der BA für die entsprechenden Tage abmeldest und

  • du dich an diesen Tagen selbst versichern musst und deiner Krankenversicherung entsprechend Bescheid sagen solltest

Die Krankenkassen haben häufig kein eigenes Formular für tageweise selbstständige, dementsprechend musst du dich in diesem Fall ein bisschen mit dem Kundenservice rumschlagen, um zu erfahren was du auf welchem Formular eintragen musst.

Der Trick mit der tageweisen Abmeldung istinsbesondere dann sinnvoll, wenn du die Tätigkeit die du selbstständig ausüben möchtest vorher noch nicht ausgeübt hast. So kannst du einfach gefahrlos ein bisschen testen, wie es läuft, ohne direkt “all in” zu gehen. Denn: Um den Antrag für den Existenzgründerzuschuss zu stellen musst du dich final von der Arbeitslosigkeit abmelden. Zu diesem Zeitpunkt solltest du dir deines Vorhabens schon sehr sicher sein!

 

GUT ZU WISSEN

Du hast kein „Anrecht“ auf den gründerzuschuss.

Ob du den Zuschuss bekommst und dein Gründungsvorhaben als fördernswert eingestuft wird, liegt im Ermessen der Agentur für Arbeit. Meiner Erfahrung nach werden diese Anträge aber fast immer bewilligt, daher kannst du ruhig optimistisch an die Sache rangehen.

Vergiss nicht, die Kosten miteinzurechnen.

Krankenversicherung, ggf. Rentenversicherung und natürlich Steuern (Einkommenseuer und evtl. Gewerbesteuer und Umsatzsteuer) musst du in der Selbstständigkeit komplett selbst tragen. Rechne das vorher mit verschiedenen Umstätzen durch und überlege, ob es realistisch ist diese zu erreichen und ob du dich damit wohl fühlst, das finanzielle Risiko einer Selbstständigkeit zu tragen.

Der Gründerzuschuss ist zwar steuerfrei, erhöht aber deine krankenkassenbeiträge.

Der Gründerzuschuss beeinflusst, genau wie dein restliches Einkommen bzw. deine Umsätze, die Höhe deiner Krankenkassenbeiträge. So können in der gesetzlichen KV schnell hohe Beiträge von bis zu 900€ monatlich entstehen, die du besser vorher schon auf dem Schirm hast. Nutze diesen Rechner für Selbstständige, um herauszufinden in welchem Rahmen deine Beiträge liegen werden.

Du kannst ein Gründercoaching von einem Bildungsträger der ba in Anspruch nehmen.

Die Agentur für Arbeit ermöglicht es Gründungsinteressierten Gründungscoaching zu machen, die Kosten werden dabei von der BA getragen. Es gibt dabei meistens ein Paket aus Gruppenkursen plus Einzelberatung. Meine persönliche Erfahrung ist, dass jemand, der bereits weiß, dass er/sie gründen will das Gruppencoaching vergessen kann, da hier quasi von null angefangen wird Ideen zu sammeln, Stärken zu definieren usw. Die Einzelsitzungen sind hingegen sehr sinnvoll, denn hier bekommst du einen Fachmann/-Frau für deinen Businessplan an die Seite gestellt. Er/sie wird dir helfen deinen Antrag und den dafür notwendigen Businessplan so auszuarbeiten, sodass dein Antrag sehr wahrscheinlich bewilligt wird. Denn es geht hier nicht nur um die Vollständigkeit deiner Unterlagen, oder um deinen tatsächlichen Plan, sondern es geht darum, dass der im Antrag abgegebene Businessplan es so aussehen lässt, dass du

  1. Weißt, was du tust und es deshalb Sinn macht, dich zu fördern.

  2. Damit rechnest, dass du anfangs zwar stetig Geld verdienen wirst, aber nicht so viel, dass es unnötig wäre dir einen Zuschuss zu bewilligen.

Sobald dein Antrag bewilligt ist, kannst du so viel mit deiner Selbstständigkeit verdienen, wie du willst.

Selbst, wenn du viel mehr Geld verdienst als laut Businessplan geplant war, spielt das keine Rolle, du kannst den Zuschuss trotzdem behalten. Solltest du am Ende statt mit der im Antrag angegebenen selbstständigen Tätigkeit mit einer anderen selbstständigen Tätigkeit Geld verdienen macht das auch nichts. Du darfst nur nicht auf einmal wieder angestellt sein und gleichzeitig weiter den Zuschuss in Anspruch nehmen. In diesem Fall könnte die BA bereits bezahltes Geld zurückverlangen.

Achtung Sperrzeit!

Wenn du dich arbeitslos meldest, weil du selbst gekündigt hast, dann bist du normalerweise 3 Monate lang für das Arbeitslosengeld gesperrt. Das heißt, in den ersten drei Monaten nach Kündigung bekommst du noch kein Geld von der BA. Aber es gibt einen Trick, wie du das umgehen kannst.

INSIDER WISSEN: KÜNDIGUNG AUF ÄRZTLICHEN ANRAT.

Wenn du kündigst, weil du deinen Job aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr machen kannst, oder solltest, dann wirst du nicht für das Arbeitslosengeld gesperrt. Dazu ist es nicht notwendig, dass du dir die Hand brichst und nicht mehr tippen kannst – so dramatisch muss es nicht sein. Wenn du beispielsweise wiederholt stressbedingte Symptome (oder burnoutartige Symptomatiken) wie Verspannungen oder dergleichen hattest und deswegen beim Arzt warst, dann ist das ebenfalls eine Begründung. Wichtig ist, dabei, dass du dies vorher mit deinem Arzt absprichst und dann bevor du kündigst, bereits bei der Hotline der BA anrufst, um dir die nötigen Formulare zu holen, die sowohl du, als auch dein Arzt ausfüllen müssen. Diese sind meines Wissens nicht einfach online zum Download erhältlich, daher einfach einmal vorher anrufen.

 

ABLAUF der ANTRAGSTELLUNG

  1. Arbeitslosmeldung

  2. Abmeldung von der Arbeitslosigkeit (spätestens 150 Tage vor Ablauf deines Anspruchs auf ALG)

  3. Antragstellung direkt danach

  4. Antragsbewilligung (kann ein 2-4 Wochen dauern)

  5. 6 Monate lang Zuschuss erhalten

  6. Evlt: Antrag auf Verlängerung nach 6 Monat

  7. Ggf.: Weitere 9 Monate 300 Euro erhalten

 

 

So sieht der Ablauf im Detail für dich aus:

  1. Du bist nicht mehr angestellt und meldest dich arbeitslos.

  2. Sobald dir ein Ansprechpartner/Vermittler bei der Bundesagentur für Arbeit und die Dauer deines Anspruchs auf ALG mitgeteilt wurde, kontaktierst du ihn/sie telefonisch und teilst dein Gründungsvorhaben mit. Außerdem äußerst du, dass du gerne, wenn möglich, ein Gründercoaching in Anspruch nehmen möchtest.

    Achte darauf möglichst freundlich und professionell rüberzukommen, du brauchst die Unterstützung deines Ansprechpartners bei der BA und es wird dein Leben leichter machen, wenn er/die dir wohlgesonnen ist!

    Auch wenn diese Person nicht diejenige ist, die deinen Antrag am Ende bewilligt, so kann sie doch eine Empfehlung aussprechen und dich im Prozess unterstützen, indem sie dir die nötigen Informationen zukommen lässt. Außerdem muss sie dir bescheinigen, dass du nicht einfach vermittelbar wärst und da das in vielen Fällen eigentlich sehr wohl möglich wäre, ist es um so wichtiger eine gute Beziehung zu deinem Vermittler aufzubauen.

  3. Du schreibst deinen Businessplan und machst ggf. ein Gründercoaching.

  4. Du holst bei einer sogenannten Fachkundigen Stelle eine Stellungnahme zur Tragfähigkeit deines Businessplans ein. Die Kosten dafür musst du selbst tragen (um die 100€). Fachkundige Stellen sind unter anderem: Büro für Existenzgründe (BfE), Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, berufsständische Kammern, Fachverbände und Kreditinstitute. Du hast die freie Wahl.

 

DER ANTRAG

Dein Antrag besteht ausfolgenden Teilen:

  • Antragsformular der BA

  • Businessplan

  • Stellungnahme fachkundige Stelle

  • Gewerbeanmeldung oder Anmeldung der Selbstständigkeit beim Finanzamt

  • Ggf. erforderliche Genehmigungen (z.B. bei Heilpraktikern die Erlaubnis der Heilkunde, bei Handwerkern die Eintragung ins Verzeichnis der handwerksähnlichen Gewerbe, usw.)

 

DER BUSINESSPLAN

Normalerwiese besteht der Businessplan aus folgenden Teilen. Lass dir dies am besten nochmal von deinem persönlichen Ansprechpartner bei der BA bestätigen!

  • Vorstellung Ihrer Person mit der Ausbildung, beruflichem Werdegang und speziellen Kenntnissen/ Qualifikationen (Lebenslauf, Arbeitszeugnisse etc.)

  • Beschreibung des Vorhabens (Darstellung der Geschäftsidee; Wahl der Rechtsform; ggf. Gesellschafterverträge) mit Aus-führungen zur Markt-, Branchen- und Konkurrenzsituation unter Berücksichtigung des geplanten Standortes; ggs. Aufstellung bereits bestehender Kundenstruktur(en)

  • Organisation des Absatzes bzw. Perspektiven der Produktvermarktung und beabsichtigte Marketing- und Werbeaktivitäten

  • Personalbedarf und Personalorganisation

  • Kapitalbedarfsplan (Auflistung der benötigten Investitionen und der Betriebsmittel, Kostenplan, Darstellung der Eigenkapitalsituation und Finanzierungsübersicht)

  • Umsatz- und Rentabilitätsvorschau für 3 Jahre bzw. Gewinn- und Verlustrechnung für 3 Jahre (hieraus soll auch hervorgehoben, wie die geplanten Umsätze erzielt werden sollen; z. B. was und wie viel soll zu welchem Preis verkauft, erstellt, geleistet werden)

  • Liquiditätsplan Monatliche Erfassung sämtlicher betrieblichen Einnahmen und Aufgaben (für die ersten 12 Monate)

 

 FAZIT

Der Gründerzuschuss ist eine tolle Möglichkeit mit einem extra Puffer Geld in die Selbstständigkeit zu starten. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es viele Menschen bei der BA gibt, die sich freuen dich dabei zu unterstützen.

Nichtsdestotrotz bist du selbst für dein Einkommen verantwortlich und solltest dir auch vorher schon ein kleines Sparpolster angespart haben, von dem du min. 6-12 Monate leben könntest, wenn es hart auf hart kommt. Das ist meine persönliche Empfehlung, allerdings hängt dies auch von deinem individuellen Business, Lifestyle und deiner persönlichen Risikofreudigkeit ab.

Ich hoffe dir hat dieser Artikel geholfen und wünsche dir ganz viel Erfolg bei deiner Gründung! :)

Pia

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